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Endlich Sommer!

Pfarrerin Elisabeth Schell

Kleve. Es blüht in den Gärten, reift auf den Feldern. Die Luft flirrt, die Nächte sind kurz und die Tage lang: Sommer! Die Sommerzeit ist wie ein Symbol für Lebensfülle. Viele von uns sind lockerer und heiterer als sonst. Wir laden uns zu Gartenfesten ein, fahren in Urlaub, nehmen das Leben leicht, lassen die Seele baumeln.

Passt das – mitten in den bedrängenden Krisen unserer Zeit? Corona ist nicht vorbei, auch wenn die grundsätzlich kostenlosen Tests erst einmal vorbei sind. Die Nachrichten sind weiter angefüllt mit Kriegsberichten und Kriegsbildern aus der Ukraine. Die Zahl der Hungernden weltweit steigt. Die Armen unter uns werden sichtbarer, schon jetzt, lange vor dem Winter. Unsere Erde plündern wir weiter und überhitzen sie über Kipppunkte hinweg. Und manche unter uns tragen an einem persönlichen Kummer, trauern um Verstorbene, leiden Schmerzen, Angst, Sorgen. Sommergefühle, Leichtigkeit, Lebensfülle? Von wegen!

Aber wer sagt denn, dass zur Fülle des Lebens nicht auch die dunkle, die Nachtseite gehört? Leid, das nicht vermeidbare Leid jedenfalls, könnte uns auch empfindsamer machen. Uns spüren lassen: ich bin bedürftig, ich bin nicht nur immer stark. Erfahrungen mit der Verletzlichkeit des Lebens könnten uns mehr Tiefe geben und aufmerksamer machen. So dass uns alles noch kostbarer wird, was da blüht und singt, was schmeckt und beglückt, was gelingt und wächst. Kostbares Geschenk ist es doch, ein unverdientes Glück – nicht ein selbstverständliches Recht. Uns anvertraut, dass wir es hüten. Und mit anderen teilen. Es gehört uns gar nicht allein.

Leben in Fülle, sommerliche Leichtigkeit genießen – ja, unbedingt! Und Fülle, das ist so viel, wie wir zu einem erfüllten Leben brauchen. Nicht Über-Fülle. Kein Über-Maß. Wie oft ist weniger tatsächlich mehr. Erfülltes Leben kann es sogar mitten im Leid geben. Auch auf seiner Nachtseite kann Menschenleben in Erfüllung gehen. Selbst dann wird es heller Sommer.

Elisabeth Schell
Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Kleve
Telefon 02821-453031
Elisabeth.Schell@ekir.de

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